Keine Vorfälligkeitsentschädigung ohne klare Vertragsklausel – BGH stärkt Verbraucherrechte
Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 20.05.2025 – XI ZR 22/24) bringt Bewegung in ein Thema, das viele Kreditnehmer betrifft: die Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Rückzahlung eines Immobiliendarlehens. Die gute Nachricht: Banken dürfen diese Entschädigung nur dann verlangen, wenn sie die Berechnungsgrundlage im Vertrag klar und verständlich dargelegt haben – andernfalls entfällt der Anspruch.
Der Fall: Rückzahlung unter Vorbehalt – Streit um 7.600 Euro
Ein Bankkunde hatte ein Immobiliendarlehen über 135.000 Euro aufgenommen. Einige Jahre später entschloss er sich zur vorzeitigen Rückzahlung der Restschuld. Die Bank verlangte dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 7.600 Euro – ein typisches Vorgehen bei derartigen Vertragskündigungen. Der Kunde zahlte zwar, allerdings unter Vorbehalt, und klagte anschließend auf Rückzahlung.
Vor dem Oberlandesgericht Celle unterlag er zunächst. Die Richter hielten die Vertragsklausel zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung für ausreichend – auch wenn sie recht allgemein gehalten war. Doch der BGH sah das anders.
BGH: Unklare Information – kein Anspruch auf Entschädigung
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hob das Urteil des OLG auf. Die Begründung: Die Bank habe gegen ihre gesetzliche Informationspflicht aus § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB verstoßen. Die Folge: Die Zahlung sei ohne rechtlichen Grund erfolgt (§ 812 BGB), die Bank müsse das Geld erstatten.
Der entscheidende Punkt: Die Vertragsklausel enthielt keine ausreichend verständliche Darstellung der Berechnungsmethode. Zwar erwähnte sie, dass eine Wiederanlage in „sichere Kapitalmarkttitel“ erfolgt – doch wie genau aus der Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten Zinssatz und der Wiederanlagerendite der Schaden berechnet wird, blieb unklar. Für Verbraucher war die Methodik somit nicht nachvollziehbar.
Transparenzpflicht gilt vor Vertragsschluss
Der BGH bekräftigte seine gefestigte Rechtsprechung: Kreditinstitute müssen bereits bei Vertragsschluss in groben Zügen erläutern, wie eine etwaige Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird. Eine bloß nachträgliche Information reicht nicht. Auch komplexe finanzmathematische Formeln sind nicht notwendig – wohl aber die transparente Darstellung der relevanten Rechengrößen.
Insbesondere bei Anwendung der sogenannten Aktiv-Passiv-Methode (ein gängiges Verfahren zur Schadensberechnung) muss klar sein, dass sich der Schaden aus der Differenz zwischen Vertragszins und Wiederanlagerendite ergibt. Diese zentrale Information fehlte im vorliegenden Fall.
Fazit für Darlehensnehmer: Verträge prüfen lassen lohnt sich
Dieses Urteil stärkt die Rechte von Verbrauchern erheblich. Wer in den letzten Jahren eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt hat, sollte die Vertragsklauseln prüfen (lassen) – insbesondere dann, wenn die Berechnungsweise nicht nachvollziehbar beschrieben wurde. Eine Rückforderung kann sich lohnen, wie dieser Fall zeigt.
Tipp vom Anwalt: Wenn Sie sich unsicher sind, ob Ihre Vertragsunterlagen die gesetzlichen Transparenzanforderungen erfüllen, lassen Sie sie von einem fachkundigen Rechtsanwalt prüfen. In vielen Fällen bestehen gute Erfolgsaussichten auf Rückerstattung zu Unrecht gezahlter Entschädigungen.
BGH, Urteil vom 20.05.2025 – XI ZR 22/24